Die LVZ informiert in Ihrer Wochendausgabe vom 2./3. Oktober 2021 die Parthensteiner Bürgerinnen und Bürger über Zukunftspläne der Basalt AG

Großsteinberger Tagebau in der Draufsicht: An der Kante vorn rechts hat die Grube eine Tiefe von 60 Metern erreicht. Ist das Gestein dort unten auf ganzer Breite abgebaut, sollen von dieser Sohle aus zwei Stollen nach links hinten unter den Wald und die folgenden Felder getrieben werden. Der Tagebau selbst würde parallel dazu um weitere 40 Meter vertieft. Foto BASALT AG

Parthenstein sagt Ja:
Nach Jahrzehnten wieder Bergwerk im Landkreis Leipzig

Basalt AG will in Großsteinberg Quarzporphyr unter Tage fördern /
Gemeinde hebt den Daumen

Von Frank Pfeifer

Parthenstein/Großsteinberg. Geht es nach dem Willen der Basalt-Actien-Gesellschaft und der Gemeinde Parthenstein, dann wird demnächst in Großsteinberg unter Tage Quarzporphyr gefördert. Außerdem soll das Unternehmen tiefer als bisher das wertvolle Gestein aus seinem bestehenden Tagebau fördern dürfen. Zwei Anträge dafür liegen derzeit zur Entscheidung beim Sächsischen Oberbergamt Freiberg. Erkundungen der Basalt AG ergaben, dass das Gesteinsvorkommen in der seit über 100 Jahren bestehenden Lagerstätte weitaus größer ist, als bisher gedacht. Um den Abbau voranzutreiben, bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder wird in die Tiefe oder in die Breite gegraben. Ersteres ist möglich, letzteres nicht, denn die bisher unberührten zwei Drittel des Geländes, für das Bergbaurecht besteht, dürfen nicht ohne weiteres angekratzt werden. Auf dieser Fläche befinden sich unter anderem ein Flora-Fauna-Habitat und ein Vogelschutzgebiet, deren Inanspruchnahme mit hohen Hürden verbunden wäre.

Erstes Bergwerk nach Jahrzehnten
Allerdings ließe sich im Untergrund Quarzporphyr aus dem Areal holen. Deshalb will die Basalt AG von der jetzt erreichten Sohle des Tagebaus aus, die sich in einer Tiefe von rund 60 Metern befindet, zwei Hauptstollen nach Osten treiben. Ein Novum der jüngeren Zeit, denn in der Region werden derzeit Gesteine und Braunkohle ausschließlich aus offenen Gruben geholt. UnterTage wurde, wenn auch in weitaus kleinerem Rahmen, laut dem Geologen Frank W. Junge zuletzt vor 80 bis 100 Jahren der hiesige Porphyr gewonnen. „Die Portale dieser Stollen sollen so ähnlich wie die Eingänge zu Autobahntunneln aussehen“, schildert Torsten Honkisch, Leiter der Abteilung Umwelt, Rohstoffe und Liegenschaften bei der Basalt AG. Von den Hauptstollen abzweigend, würden auf verschiedenen Ebenen sieben Meter hohe Strecken in den Quarzporphyr gesprengt, von denen aus sich die Bergleute jeweils nach unten vorarbeiten können. So soll ein dreistöckiges System von Kammern entstehen, die jeweils bis zu 32 Meter hoch, 20 Meter breit und 800 Meter lang sind. Getrennt werden sie von 20 Meter breiten Wänden, die der Fachmann Festen nennt. Die Schweben, also die Decken zwischen den Etagen, werden zehn Meter stark sein. Es bleibt also eine Art Gerüst aus Gestein stehen, damit das Bergwerk nicht zusammenbrechen kann. Zwar lässt sich nach Honkischs Worten nicht ganz auf dieselgetriebene Technik unter Tage verzichten. So weit wie möglich sollen aber Gerätschaften elektrisch angetrieben werden.„Das hilft uns, weniger Kohlendioxid freizusetzen“, erklärt der Abteilungsleiter. Als Grund nennt er nicht nur ökologische Forderungen, sondern auch ökonomische Überlegungen. Es müsse weniger Aufwand mit der Bewetterung, also der Frischluftzufuhr, betrieben werden.


Betrieb für nächste 80 Jahre – Fördermenge bleibt gleich
„Ausgelegt ist der Betrieb des Bergwerks auf 80 Jahre“, kündigt Projektleiterin Rosa Bögle an. Für den Tagebau seien weitere 50 Jahre vorgesehen, in denen die Grube in ihren jetzigen Grenzen um 40Meter auf dann 100 Meter vertieft werden soll. „Ich kann allerdings nicht seriös in die ferne Zukunft schauen“, räumt Honkisch ein. Er verweist auf die 250 Millionen Tonnen gebrochener Naturstein, die jährlich in Deutschland gebraucht werden, und meint: „Ich gehe davon aus, dass unsere Nachfahren noch tiefer gehen werden.“ Die Großsteinberger werden sich also noch länger auf Auswirkungen wie die Erschütterungen durch Sprengungen einstellen müssen. Gemäß dem neuen Rahmenbetriebsplan soll es aber bei der schon jetzt erlaubten Fördermenge von 1,5 bis zwei Millionen Tonnen pro Jahr bleiben. 39 Prozent davon werden im Schnitt mit der Bahn abgefahren, was wöchentlich drei Zügen entspricht. Ansonsten verlassen laut Firmenangaben täglich um die 100 beladene Lastwagen den Betrieb.

Forderung nach Umgehungsstraße
Wegen der Verkehrsbelastungen hält es Gemeinderatsabgeordneter Matthias Constantin (FDP) für angemessen, Großsteinberg durch eine Umgehungsstraße zu entlasten. Laut Parthensteiner Flächennutzungsplan gibt es seit 2006 nur eine Vorhaltefläche für eine Umgehung, die an der Einmündung der Staatsstraße 49 in die S 45, der sogenannten Hammeldrehe, beginnen und hinter dem ehemaligen Klingaer Krankenhaus entlang in Richtung Sportplatz zur Autobahnanschluss stelle Klinga führen soll. „Zunächst sollten wir über diese Route nachdenken“, meint Bürgermeister Jürgen Kretschel (parteilos). „In einem zweiten Schritt könnte die Basalt AG eine Werksanbindung an die Umgehungsstraße schaffen, was Großsteinberg und Klinga zugute käme.“ Die Crux an der Sache: Der Freistaat hat die Entlastungsachse aus seinem Landesverkehrsplan gestrichen mit der Begründung, beim jetzigen Netz handle es sich schon um Staatsstraßen. Aus diesem Grund wurde die Ortsdurchfahrt Klinga eben erst ausgebaut.

Oberbergamt muss über Bergwerk entscheiden
Der Gemeinderat stimmte diese Woche einstimmig dem Vorhaben der Basalt AG zu. Torsten Honkisch geht davon aus, dass das Oberbergamt Mitte nächsten Jahres seine Zustimmung erteilt. Erst wenn sie vorliegt, werde das Unternehmen entscheiden, in welchem Zeitraum es die Investition tätigt. Dann brauche es Bergleute, die speziell für die Arbeit unter Tage ausgebildet wurden. Zurzeit sind 35 Menschen angestellt.

 

Beweis: In den Bohrkernen ist ausschließlich Quarzporphyr zu finden, was auf eine einzige große Eruption schließen lässt Foto Basalt AG

 

Kommentar
Von Frank Pfeifer

Glückauf nach Großsteinberg!

Seit einigen Jahren ertönt im Erzgebirge wieder das Berggeschrey. Zum einen wurden seltene Erden entdeckt, die für die heutige Elektrotechnik und Akkus gebraucht werden. Außerdem dürfte sich der Abbau von Kupfer wieder lohnen, dessen Preis sich auf dem Weltmarkt in jüngster Zeit extrem verteuert hat. Bevor aber in anderen Teilen Sachsens eine neue Grube aufgeschlossen wird, könnte es durchaus sein, dass Großsteinberg die Nase vorn hat. Freilich gilt es noch vieles zu prüfen. Dazu gehört unter anderem, die Interessen der Großsteinberger Einwohner zu beachten. Sie dürfen durch Sprengungen und Schwerlastverkehr nicht übermäßig belastet werden. Dem Freistaat sei dringend geraten, eine Umfahrung zu schaffen, die einen Abtransport des Quarzporphyrs außerhalb jeglicher Wohnbebauung garantiert. Wie auch immer, ein stattliches Bergwerk im Landkreis Leipzig, das wäre genauso wie die damit in Zusammenhang stehenden Erkenntnisse zur enormen Vulkantätigkeit in der Region so etwas wie eine kleine Sensation. Während sich die Ära der Braunkohletagebaue – politisch gewollt – ihrem Ende zuneigt, eröffnen sich neue Perspektiven für eine ganze Berufswelt. In diesem Sinne: Glückauf!

 

Bohrung beweist: Wurzener Vulkanausbruch größer als gedacht Stärke der Quarzporphyr-Schicht in Großsteinberg überrascht die Fachwelt / Wissenschaftler sprechen von Sensation

Von Frank Pfeifer

Parthenstein/Großsteinberg. Weitaus größer als bisher bekannt war vor Jahrmillionen die Vulkantätigkeit im heutigen Muldental. Diese Erkenntnis erschließt sich aus einer Bohrung der Basalt-Actien-Gesellschaft im Großsteinberger Tagebau. Von einer Sensation spricht die Fachwelt. „Wir drangen bis in eine Tiefe von 650 Metern vor“, erklärt Rosa Bögle von der Basalt AG. Niemand anderes zuvor sei in der Umgebung so weit nach unten gelangt. Das Entscheidende dabei: Es wurde immer noch nicht der Boden der Quarzporphyr-Schicht erreicht, die sich durch die Vulkantätigkeit gebildet hat. Vor 290 Millionen Jahren spielte sich nach heutigem Wissen auf einer Fläche von2000 Quadratkilometern Gigantisches ab. „Ein Supervulkanismus, der zu den größten jemals auf der Erde existierenden gehörte und dem Vergleich mit Yellowstone in den USA standhält, spuckte unter anderem gewaltige Glutaschewolken aus“, schildert der promovierte Geologe Frank W. Junge. Zunächst kam es zu einer überdimensionalen Eruption in der Rochlitzer Gegend. Die dortige Magmakammer leerte sich, worauf ihr Boden absank. Das dadurch entstandene Becken füllte sich mit den pyroklastischen Ablagerungen aus der Glutaschewolke, dem Rochlitzer Porphyr. Rund vier bis fünf Millionen Jahre später geschah ähnliches rund um Wurzen, erklärt Christoph Breitkreuz, Professor für Geologie an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Von dort stammt der Quarzporphyr. „Großsteinberg befindet sich zentral dazwischen, und zwar am Südrand der Wurzen-Caldera“, verdeutlicht Junge. „Diesem Umstand verdanken wir, dass im Untergrund Rochlitzer Porphyr liegt. In der Literatur wird davon ausgegangen, dass diese Schicht etwa 400 Meter stark ist.“ Erst über ihr habe sich der Quarzporphyr der Wurzen-Caldera abgesetzt. Bislang sei davon ausgegangen worden, dass beide Arten zusammen 1000 Meter ergeben. Wenn nun aber bei 650 Metern mit dem Quarzporphyr noch nicht mal Schluss ist, wird wohl noch tiefer als in einem Kilometer Porphyr zu finden sein. Zwei Punkte hält Breitkreuz für die Grundlagenforschung von enormer Bedeutung. „Die Wurzen-Eruption war angesichts der Masse an Quarzporphyr deutlich größer, als wir dachten. Und es muss sich wie im Fall von Rochlitz um einen einzigen Ausbruch gehandelt haben.“ In den Großsteinberger Bohrkernen befand sich ausnahmslos Quarzporphyr. Frank W. Junge war bis dato von mehreren Eruptionen hintereinander ausgegangen, was dazu geführt hätte, dass sich zwischendurch Tuffe und andere Materialien ablagern. Das allerdings ist nicht der Fall. Beide Wissenschaftler nehmen das Wort „Sensation“ in den Mund. „Am liebsten würde ich 100 Meter weiter bohren“, meint Junge und merkt mit einem Lächeln an: „Doch dafür habe ich nicht das Geld.“ Auch für die Basalt AG spielten finanzielle Überlegungen eine Rolle. „Bei 650 Metern hörte für uns die Wirtschaftlichkeit auf“, erklärt Rosa Bögle.