Faschismus und Krieg

Nach der ”Machtergreifung” Hitlers fanden zahlreiche Haussuchungen bei den SPD-Genossen statt. Sie wurden zum Teil nachts aus den Betten geholt, ihre Wohnungen durchwühlt, vieles beschlagnahmt, manches Dokument, manches Foto, manche Uniform sofort verbrannt. Alfred Oehmichen musste zum Beispiel das Banner der Arbeitersportler unter Bewachung nach Grimma schaffen, Kurt Feine seine Wohnung räumen und dem Naziortsgruppenleiter zur Verfügung stellen. 
Karl Sikora, der 1934 (nach der ”Röhmrevolte”) Unterschriften sammelte, geriet politisch in große Schwierigkeiten. Wegen ”politischer Unzuverlässigkeit” wurde sein Antrag auf Ortswechsel nicht genehmigt. Er fand schließlich keinen anderen Ausweg, als den Freitod zu wählen.

Während des Faschismus soll eine illegale Gruppe von 6 Mann bestanden haben. Eine Verbindung zur Widerstandsgruppe ”Anton Saefkow” ist nicht geklärt. Von Artur Kretzschmar (1946 verst.), Willi Bitterlich (1959 verst.) und Bruno Körner (1945 verst.) wissen wir, dass sie 1933 nach Grimma bzw. Colditz gebracht und verurteilt wurden. Andere mussten sich täglich mehrmals melden. Großsteinberger Betriebe wurden angewiesen, sie nicht einzustellen. A. Kretzschmar musste nach seiner Entlassung in einem Grethener Steinbruch arbeiten und während des Krieges Minen räumen.

Unzufriedenheit mit der Weimarer Republik und zunehmende Arbeitslosigkeit veranlasste manchen Bürger, die Nazipartei zu wählen, da sie allen Arbeit und Brot und den Anbruch eines neuen Reiches versprach. Die Entwicklung führte schließlich zum 2. Weltkrieg mit allen seinen verheerenden Folgen. Wenn er auch in Großsteinberg keine unmittelbaren Zerstörungen hinterließ, so brachte er doch viel Elend, Hunger und Leid in unser Dorf. Immer mehr Männer und Jugendliche wurden eingezogen, Fliegeralarme nahmen zu. Ausgebombte und Kinder aus den Städten wurden einquartiert. Gefangene wurden in Betrieben und im Steinbruch zur Arbeit eingesetzt. Während zum Beispiel französische Gefangene relativ gut behandelt wurden, mussten die zwangsverschleppten ”Ostarbeiter” unter menschenunwürdigen Zuständen ihr Leben fristen.

Ein Flakzug, auf einem Abstellgleis des Herrmannwerkes stationiert, von feindlichen Fliegern entdeckt und beschossen, sollte sich bis zum letzten Mann verteidigen. Beherzte Großsteinberger überzeugten schließlich den Offizier von der Sinnlosigkeit, sich noch in den letzten Tagen zu opfern und die Zerstörung von Großsteinberg in Kauf zu nehmen. Nach langem Zögern verschwand er mit seiner Mannschaft. Als in den letzten Tagen Großsteinberger weiße Flaggen hissten, drohte ein Offizier, der sich mit seiner Truppe an der Pomßener Straße eingeschanzt hatte, mit Erschießungen.
Von Pomßen her kamen amerikanische Panzer. Albin Hempel und Kurt Feine ging ihnen mit einer weißen Fahne entgegen. Der wahnsinnige Krieg war zu Ende.

42 Großsteinberger kehrten nie mehr zurück.