Während es in den Städten schon eine starke Arbeiterschaft gab, war das in Großsteinberg nicht so, obwohl Steinindustrie und bald auch kleinere Fabriken entstanden.
1903 fand in Großsteinberg eine Kundgebung statt, auf der der Leipziger Richard Lipinski sprach. Er war Buchhändler, Reichstagskandidat, gehörte später der USPD an, verfolgte aber in der Weimarer Republik die Politik der rechten SPD – Führung. Lipinski berichtete selbst davon, dass die Reaktion ihn daran hinderte, für den Reichstagswahlkampf in Sälen zu sprechen.
Da die Wahl im Sommer stattfand, wurde manche Versammlung unter blühenden Obstbäumen abgehalten, so auch in Großsteinberg. Der „rote Müller” stellte dieser Versammlung sein Grundstück auf dem Windmühlenberg zur Verfügung (wo sich ein Landarbeiter oder Häusler gegen Ausbeutung und Unterdrückung aussprach, wurde er als ”roter” bezeichnet). 20 Polizisten hatten die Behörden angefordert. Das ganze Dorf war versammelt. Zur Gründung einer Ortsgruppe der SPD kam es erst 1918 durch Heinrich Müller und Willi Streubel. Bereits vorher hatten sie Zusammenkünfte organisiert.
Während des Krieges verschlechterte sich auch dis Lage der Bauern. Auf vielen Höfen arbeiteten russische Kriegsgefangene. Von der Front kamen schlechte Nachrichten, 28 Großsteinberger kehrten nicht mehr zurück.
Die Zeit der Inflation war verheerend. Die Preise stiegen ins unermessliche. Ein Arbeiter, der 1919 noch 38 M Wochenlohn erhielt, bekam 1922 13765 M, im September 1923 1000000 M und im Dezember 1923 1049000000000 M Wochenlohn. Im September 1923 kostete ein Liter Milch 7000000 M, ein Brot 1400000 M, ein Brief (im Ort) 100000 M.
1920 wurden erstmals 6 Arbeiter und 7 Bürgerliche als Gemeindevertreter gewählt, 1923 4 Arbeiter und 5 Bürgerliche.
Die SPD-Ortsgruppe feierte gemeinsam mit Leipziger Arbeitern von 1924 an bis 1932 den 1. Mai. Das waren jene, die in mühevoller Arbeit das Naturfreundehaus (zwischenzeitlich Erich-Weinert-Jugendherberge) geschaffen hatten.
Oft zog mit Schalmeien oder singend die ca. 40 Mann starke Gruppe des Reichsbanners in ihren grünen Uniformen durch unsere Straßen. Deshalb kam es auch bis 1933 nicht zu einer Gründung der faschistischen NSDAP bzw. SA in Großsteinberg.
1930 gründete Hermann Nottrodt die proletarische Freidenkergruppe Großsteinberg-Grethen-Pomßen. Außerdem gab es noch den Bund sozialistischer Freidenker.
Im Mai 1931 fuhren mehrere Großsteinberger Arbeiter nach Grimma, um in Vogels Ballhaus das Balalaika-Orchester der sowjetischen Studenten zu erleben, begeistert berichteten sie davon. Ebenfalls fand in dieser Zeit ein Arbeitersängerfest im Garten des Hofmannschen Gasthofes unter Leitung von Prof. Wohlgemuth aus Leipzig statt. Das wollten die Nazis verhindern. Deshalb hatten SA- Leute den Sozialdemokraten Richard Schönfeld am Abend vorher hinterhältig zusammengeschlagen. Die Veranstaltung fand aber trotzdem unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt. Richard Schönfeld stand mit verbundenem Kopf auf der Sängertribüne. Alle waren empört, bald kannte man die Urheber, denen jedoch angeblich nichts nachgewiesen werden konnte. Großsteinberger SA-Leute, die zum SA-Sturm Naunhof gehörten, brüsteten sich, wie sie in Naunhof 1932 erbarmungslos das Turnerheim in Stücke geschlagen und Arbeiter überfallen hatten.
Vor der Reichstagswahl im März 1933 konnte in letzter Minute eine Straßenschlacht vermieden werden, da gleichzeitig Reichsbanner und der SA-Sturm Naunhof durch den Ort marschierten.
Die von einer Matrize abgezogene Schrift der Grimmaer KPD ”Alarm” wurde auch in Großsteinberg gelesen.
Im Februar 1932 sprach Erich Zeigner (1923 Ministerpräsident von Sachsen, Mitglied der SPD, nach 1949 OBM von Leipzig) im Gasthofsaal. Etwa 80 Einwohner waren anwesend. Zwei Polizisten beobachteten die Versammlung. Immer wieder versuchte eine kleine Gruppe der faschistischen SA, solche Versammlungen zu stören.