Höhen und Tiefen

Höhen und Tiefen im Zusammenhang mit den Genossenschaften stellten sich im Jahr 1961 in der Wirklichkeit als eine Abfolge schlimmster Repressalien gegenüber den Bauern dar, die bisher noch nicht ihrem Eintritt in die Genossenschaft zugestimmt hatten.
Von der SED ausgesandte sogenannte Aufklärer kamen ins Dorf, um diese Familien mit allen ihnen zu Gebote stehenden Druckmitteln zu bearbeiten. Es wurde gelockt und gedroht. Dazu muss man wissen, dass diese „Aufklärer“ sich ungefragt bei den entsprechenden Familien auf dem Hof einquartierten. Sie waren 24 Stunden am Tag präsent.
Die wenigsten, wer kann es ihnen schließlich verdenken, hielten diesem Druck stand. Und die, die sich nicht beugen wollten, wurden im Laufe des Jahres mit massiver Gewalt eingeschüchtert und bedroht. Die Kreise wetteiferten damals untereinander, wer zuerst „vollgenossenschaftlich“ war und dies nach Berlin melden konnte. Menschenschicksale spielten dabei keine Rolle.

Mit Polizeigewalt wurden die letzten „Widerspenstigen“ in die Amtsstuben gesperrt und solange bearbeitet, bis Sie diesem gewaltigen Druck erlagen. Es wurde mit Gefängnis und Arbeitslager gedroht.

Wer auch hier noch widerstehen konnte, dem wurde erklärt, dass sein Landwirtschaftsbetrieb nicht mehr existiert, die Felder von der Genossenschaft übernommen werden und die arbeitsfähigen Angehörigen sich ab 1.September 1961 bei der Genossenschaft zur Arbeit zu melden hätten. So kam es denn auch, dass die Genossenschaft die Felder übernahm und aberntete. Die betroffenen Bauern durften, um etwas zu essen zu haben, auf den Felder Kartoffeln stoppeln, die sie im Frühjahr noch selber bestellt hatten.
Je eher sich ein Bauer dazu entschloss, in die LPG einzutreten, um so weniger derartige Repressalien hatte er zu ertragen. Eintreten mussten sie schlussendlich doch, freiwillig, oder mit Gewalt. Das hat dazu geführt, dass in den Bauernfamilien kein Kind mehr damit rechnen konnte, den väterlichen Hof zu übernehmen. Sie ergriffen andere Berufe. Die Höfe verödeten. Heute, im Jahre 2005 gibt es in Großsteinberg keinen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mehr.

30-jähriger Krieg, ein Großbrand, dem fünf Güter zum Opfer fielen, Pest und andere Katastrophen konnten die Landwirtschaft in Großsteinberg nicht zum Erliegen bringen. 40 Jahre DDR haben es vermocht, diese vollständig und für immer auszulöschen. Eine jahrhundertealte Tradition wurde Opfer einer menschenverachtenden Ideologie.